Thomas More und seine Utopie by Karl Kautsky

Thomas More und seine Utopie by Karl Kautsky

Autor:Karl Kautsky [Kautsky, Karl]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Fachbücher, Politikwissenschaft, $SUBJECT
ISBN: 9783842419025
Google: 8VXDlmUoIcwC
Amazon: B006BNLSG0
Barnesnoble: B006BNLSG0
Herausgeber: Severus
veröffentlicht: 1947-11-14T23:00:00+00:00


2. More ein Monarchist und Tyrannenhasser.

More war das Kind der geschilderten Verhältnisse. Der erwähnte Widerspruch spiegelt sich daher in seinen Schriften wider. Infolge seines enthusiastischen Temperaments ist er vielleicht bei niemandem stärker ausgeprägt worden als bei ihm. Gierig nahm er die Lehre der Humanisten auf, daß der Fürst zwar notwendig sei, aber ein Diener der Philosophen sein solle. Er erweiterte sie dahin, daß er ein Diener des Volkes sein solle. Und was bei anderen nur literarische Phrase, das wurde bei ihm feste Überzeugung. Er haßte die Tyrannei, wie nur je ein Engländer sie gehaßt hat, und war doch von der Notwendigkeit des Fürstentums überzeugt. Er hielt es für recht, den König abzusetzen, wenn er dem Volksinteresse zuwiderhandle, aber nur, um einen anderen, besseren König an dessen Stelle zu setzen.

Dies in kurzem sein politischer Standpunkt. Besser als durch alle Auseinandersetzungen wird er dargelegt durch eine kurze Schilderung des politischen Denkens und Wirkens von More.

Seine ersten politischen Äußerungen finden sich in seinen Epigrammen. Für uns sind hier nur diejenigen von Interesse, die von den Fürsten handeln. Einige derselben, die uns am charakteristischsten erscheinen, seien hier wiedergegeben. »Der gute und der böse Fürst« heißt das eine:

Was ist der gute Fürst? Ein Schäferhund,

Der die Wölfe verscheucht. Und der schlechte Fürst? Selbst ein Wolf.

»Der Unterschied zwischen einem Tyrannen und einem Fürsten« ist ein anderes betitelt:

Wodurch unterscheidet sich

Der gesetzliche König vom scheußlichen Tyrannen?

Der Tyrann hält seine Untertanen für seine Sklaven,

Der König hält sie für seine Kinder.

Diese Unterscheidung erinnert an die Fiktionen der Konstitutionellen, die den König herrschen, aber nicht regieren lassen. Zwischen den konstitutionellen Theoretikern zum Beispiel des Julikönigtums und More besteht jedoch ein Unterschied. Jene nahmen ihre Zuflucht zu Fiktionen, um den Widerspruch zu verdecken, daß die Konsequenz ihres theoretischen Standpunktes die Republik war, indes ihre Augenblicksinteressen sie zu einem bestimmten König zogen. More bedurfte seiner Fiktion, um seine theoretische Überzeugung von der Notwendigkeit der Monarchie vereinbaren zu können mit dem Hasse, den er gegen die Tyrannei des herrschenden Königs, zur Zeit der Abfassung seiner Epigramme noch Heinrich VII., empfand. Die Fiktion der Konstitutionellen war ein Ausfluß feigen Opportunismus; die Mores ein Ergebnis trotziger Opposition. Wie wenig More sich von dem Schreckensregiment der Despoten seiner Zeit einschüchtern ließ, einem Schreckensregiment, das seiner Unberechenbarkeit wegen die strengste Selbstzensur erzwang, ersieht man zum Beispiel aus dem Epigramm: »Des Volkes Wille verleiht und nimmt die Königswürde«:

Wer immer an der Spitze vieler Männer steht,

Er verdankt es denen, an deren Spitze er steht.

Auf keinen Fall darf er ihnen länger vorstehen,

Als die wollen, denen er vorsteht.

Was brüsten sich also machtlose Herrscher?

Sie besitzen ihr Amt doch nur auf Kündigung (precario).

Ebenso keck ist folgendes Epigramm über die »Herrschsucht«:

Unter vielen Königen findet man kaum einen

– Wenn man einen findet –, dem sein Reich genügt.

Unter vielen Königen findet man kaum einen

– Wenn man einen findet –, der sein Reich zu regieren verstünde.

Von welchen Gedanken sein Geist erfüllt war, ersieht man daraus, daß er einen Dialog Lucians, den »Tyrannenmörder«, aus dem Griechischen ins Lateinische übersetzte und eine Antwort darauf schrieb.Thomae Mori Dialogi Lucianei e Graeco in Latinum sermonem conversi, adjecta declamatione qua Luciani Tyrannicidae respondetur.



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